Was bedeutet der Begriff Frustrationstoleranz überhaupt?
Unter Frustrationstoleranz versteht man in der Psychologie die individuelle Fähigkeit von Menschen, mit Enttäuschungen oder Frustrationen umzugehen.
Menschen hingegen mit einer niedrigen Frustrationstoleranz brechen rasche eine Aufgabe ab, wenn sie ihnen nicht wie erwartet oder nicht schnell genug gelingt, so wie sie es möchten.
Die Folge ist sie verlieren die Fassung, werden ärgerlich oder reagieren entmutigt oder sogar deprimiert, während Menschen mit hoher Frustrationstoleranz auch in kritischen Situationen geduldig abwarten können, bis sie das Ziel ihrer Aufgabe erreichen, indem sie auch kleine Fortschritte registrieren.
Frustrationstoleranz eine überdauernde Persönlichkeitseigenschaft
Menschen mit geringer Frustrationstoleranz sind im Leben häufiger benachteiligt, da sie mit Niederlagen schlechter umgehen können und somit folglich deren Motivation, neue Herausforderungen zu suchen, sukzessiv sinkt.
Die Frustrationstoleranz ist somit eine relativ überdauernde Persönlichkeitseigenschaft, die die individuelle Fähigkeit beschreibt, eine frustrierende Situation über längere Zeit auszuhalten, ohne die objektiven Faktoren der Situation zu verzerren.
Der 1938 von Saul Rosenzweig postulierte Begriff bezeichnet somit die Fähigkeit langfristig psychische Spannungen zu ertragen, die aus der Nichtbefriedigung eigener Triebwünsche einhergeht.
Diese wird zu einem gewissen Mass im Zuge des Individualisierungs- bzw. Sozialisationsprozesses erworben, wobei eine geringe Frustrationstoleranz meist auf eine Ich-Schwäche des Einzelnen hinweist.
Frustrationstoleranz wird in der Kindheit erlernt
Nach Freud zeichnen sich auf die orale Phase fixierte Menschen durch eine niedrige Frustrationstoleranz aus und geben schneller auf.
Frustrationstoleranz wird vor allem in der Kindheit erlernt und ist deshalb bis zu einem gewissen Ausmaß auch später noch erlernbar.
Durch Lernprozesse kann die Frustrationstoleranz unter Berücksichtigung des Realitätsprinzips gestärkt werden, etwa durch Belohnungsaufschub oder Belohnungsreduktion. Menschen mit niedriger Frustrationstoleranz neigen zu erhöhten Anstrengungs- sowie Vermeidungsverhalten.
Je stärker diese Verhaltensweisen ausgeprägt sind, umso weniger sind aggressive Verhaltensformen zu finden. Ängstliche, leicht verletzliche Personen mit einer geringen Frustrationstoleranz neigen auch überdurchschnittlich häufig zu Sichten, wie beispielsweise dem Alkoholkonsum.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die gut lernen können, eine deutlich größere Frustrationstoleranz haben, sich länger und dauerhafter mit einem Lerngegenstand auseinandersetzen können und auch ausgeprägtere Interessen haben.
Wie entwickelt sich Frustrationstoleranz bei Kindern?
Klingt jetzt etwas hart, jedoch: Das Leben ist nunmal kein Friede, Freude, Eierkuchen. Lernen Kinder früh, mit Frust umzugehen, schützt sie das ihr ganzes Leben lang.
Daher sollten Kinder schon früh lernen, mit Ärger und Rückschlägen adäquat umzugehen.
Unbedingt allein in den Hichstuhl setzen. Erst versuchte die Kleine, mit Springen und lauten Gegröhle Hilfe einzufordern, klappte leider nicht, von vorne alleine hochzukrabbeln klappt auch nicht, zu kurze Kinderbeinlänge.
Dann probierte die Kleine die Stuhl-Besteigung von der Seite. Fehlanzeige. Das Möbelstück kippt um. Schließlich krabbelte sie von hinten in den Stuhl, setzte sich darauf wie ein Königin und strahlte. Geschafft!
In diesem Moment hat die Kleine eine wichtige Erfahrung gemacht. Sie hat das erlebt, was Entwicklungsforscher „Selbstwirksamkeit“ nennen.
Ausprobieren, hinfallen, wieder aufstehen, von vorne anfangen: Das, was uns Erwachsenen als schwierig erscheint, können Kinder eigentlich ganz natürlich. Sie haben von sich aus eine hohe Frustrationstoleranz.
Mit Scheitern und Ausprobieren entwickeln sie „Abwehrkräfte, um störende Einflüsse von außen zu bearbeiten“, erklärt der Bildungswissenschaftler Professor Klaus Hurrelmann.
Erlernen mit Niederlagen umzugehen, sein Ziel im Auge behalten, dranbleiben, sich nicht ablenken und entmutigen lassen: Nur wer dazu in der Lage ist, kann auch als Erwachsener erfolgreich Krisen und Niederlagen bewältigen.
Hierzu benötigen Kinder allerdings noch eine weitere Fähigkeit: die sogenannte „Impulskontrolle“, die Fähigkeit, mit unguten Gefühlen angemessen umzugehen. Nur, wie lernt man das?
Impulskontrolle kann man lernen
Weg mit zu viel Lob! Ein wichtiger Rat von Prof. Dr. Hurrelmanns an alle Eltern. Kinder werden durch überdauert Anerkennung schwach gemacht. Was heißt das jetzt, nie mehr loben? So nun auch nicht. Es ist wichtig für die richtigen Dinge zu loben.
Lobt man Kinder für eine bestimmte Eigenschaft, zu der sie selbst aktiv nichts beitragen haben passiert Folgendes: Beim ersten Misserfolg nimmt das Selbstbild des Kindes enormen Schaden.
Wenn Eltern ihr Kind dafür loben, dass es schlau ist, reagiert das Kind in der Regel frustriert, wenn es trotz seiner Intelligenz eine schlechte Note mit nach Hause bringt, somit strengt sich das Kind in Zukunft nicht mehr an.
Wenn allerdings Eltern den Fleiß von Kindern loben, so erhält das Kind den Eindruck, dass nicht die angeborene Eigenschaften, sondern es selbst für seinen Erfolg verantwortlich ist.
Studien belegen, Kinder, die für ihren Fleiß gelobt werden, bewältigen 50 bis 60 Prozent mehr schwierige Rechenaufgaben als Kinder, die wegen ihrer Intelligenz gelobt wurden.
Was können Eltern noch tun? Sich in Geduld üben, gelassen reagieren, wenn Dinge bei ihrem Kind nicht auf Anhieb funktionieren.
„Ich will aber jetzt!“ Die Trotz- bzw. Individualisierungsphase beim Kleinkind
Im zweiten Lebensjahr beginnen Kleinkinder sich langsam von Ihren Eltern zu lösen und ihren eigenen Willen zu entwickeln.
Stoßen sie dabei auf Widerstand oder gelingt ein Vorhaben, kann das eine heftige Trotzreaktion auslösen. Das Kind weint, schreit, schlägt um sich und lässt sich schwer beruhigen.
Für viele Eltern ist diese Situation eine Herausforderung und sie sind unsicher, wie sie reagieren sollen.
Jedoch handelt es sich bei der Trotzphase, auch Autonomiephase genannt, um einen ganz natürlichen Entwicklungsprozess, den alle Kinder in unterschiedlichen ausgeprägter Intensität durchlaufen sollten.
Die Autonomiephase
Der Beginn und die Intensität der Trotzphase ist von Kind zu Kind ganz unterscheidlich. Manche Kinder entwickeln bereits im zweiten Lebensjahr eine starke Ich-Identität und einen ausgeprägten Willen, andere jedoch erst später.
Die Trotzphase dauert so lange an, bis ein Kind in der Lage ist die eigenen Emotionen besser zu kontrollieren und zu steuern.
Jedoch auch der Erziehungsstil der Eltern beziehungsweise deren Fähigkeit, dem Kind klare Grenzen zu setzen und ihm gleichzeitig mit Wertschätzung zu begegnen, sowie sein Selbstbewusstsein zu stärken, hat Einfluss auf den Verlauf und die Dauer der Phase.
Die Sprachentwicklung sowie die sozial-emotionale Entwicklung haben einen großen Einfluss darauf, wann es einem Kind möglich ist Frustrationstoleranz zu entwickeln und seine negativen Gefühle zu beherrschen. Meist geschieht das im Laufe des vierten Lebensjahres.
Die entwicklungspsychologischen Voraussetzungen
Im Grunde durchläuft jeder Mensch die Autonomiephase, weil diese elementar zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. In dieser Entwicklungsphase bildet sich das Ich-Bewusstsein.
Das Kind nimmt sich immer öfter als eigenständige, von seinen Bezugspersonen unabhängige Persönlichkeit wahr und zeigt seine Willensstärke, hier weicht es immer häufiger von den Vorstellungen seiner Eltern ab und setzt sich eigene individuelle Ziele.
Zeitgleich entwickelt es Neugier und möchte die Welt auf eigene Faust entdecken.
Die wichtigsten Voraussetzungen hierzu sind zwei Entwicklungsschritte, die Sprachentwicklung und
die motorische Entwicklung.
Gerade im zweiten und dritten Lebensjahr vervielfacht sich der Wortschatz eines Kleinkindes enorm und dementsprechend verbessert sich auch seine Ausdrucksweise.
Es kann immer besser seine Wünsche und seinen Willen äußern. Hierdurch vergrößert sich sein Explorationsradius. Es lernt sich sicherer zu bewegen und ist weniger auf die Hilfe seiner Eltern angewiesen.
Diese Erfahrung wirkt sich positiv auf das Selbstbewusstsein aus und fördert das Streben nach mehr Autonomie und Selbstbestimmtheit.
Gründe für die Entstehung von Trotzreaktionen
Das Problem an den oben beschriebenen Entwicklungsprozessen ist die Tatsache, dass ein Kleinkind noch viel zu lernen hat und im Alltag ständig an seine körperlichen, sprachlichen und emotionalen Grenzen stößt.
Kinder unter drei Jahren sind stark ich-bezogen und können die Folgen und Konsequenzen ihres Handelns noch nicht einschätzen. Das bedeutet, sie verstehen nicht, dass sie ein Spielzeug nicht haben dürfen, weil es einem anderen Kind gehört.
Genauso wenig können Sie nachvollziehen, warum es verboten ist auf die Straße zu laufen oder Papas Telefon in die Hand zu nehmen.
Gleichzeitig erfahren Kinder in diesem Alter, dass ihr Wortschatz in vielen Situationen eben doch nicht ausreicht, um sich verständlich zu machen und auch Kraft und Ausdauer lassen zu wünschen übrig, wenn es darauf ankommt.
All diese Faktoren führen dazu, dass ein Kind Frust empfindet. Infolge dessen reagiert es mit Wutausbrüchen, es schreit, kreischt, tritt und schlägt vielleicht sogar um sich.
Diese Reaktionen sind aber völlig natürlich, weil ein Kleinkind keine andere Möglichkeit hat seine Emotionen zu regulieren. Es kann seine Gefühle weder unterdrücken noch kanalisieren und es ist ihm völlig gleichgültig, was Außenstehende dazu sagen.
Es steigert sich also in einen regelrechten „Gefühlsrausch“ hinein und für Eltern und andere Bezugspersonen ist es in diesen Momenten schwer bis unmöglich, zu dem Kind durchzudringen.
Durchatmen und Ruhe bewahren – Tipps für den Umgang mit Trotzverhalten
Trotziges Verhalten von Kindern setzt Eltern unter Stress. Besonders schwierig wird die Situation, wenn das Kind in der Öffentlichkeit trotzt, sich zum Beispiel im Supermarkt auf den Boden wirft und laut schreit, weil es Schokolade oder andere Süßigkeiten haben möchte.
Die folgenden Lösungsansätze können helfen, die Situation zu entspannen und Eltern und Kind wieder zur Ruhe kommen zu lassen.
Aber: Ein Patentrezept, mit denen sich Trotzanfälle verhindern lassen gibt es nicht. Eltern müssen ausprobieren, welche Maßnahme ihnen und ihrem Kind in der jeweiligen Situation am besten hilft.
Regeln und Grenzen sind wichtig, um Kinder vor Gefahren zu schützen, die sie selbst noch nicht einhalten können, aber auch, um ihr Sozialverhalten zu fördern.
Wenn Kinder nur selten ein „Nein“ hören, so fehlt es ihnen an Gelegenheiten zu lernen mit Frust und negativen Gefühlen umzugehen. Es macht also aus pädagogischer Sicht keinen Sinn, Trotzreaktionen vermeiden zu wollen.
Jedes Kind braucht Grenzen, um sich später in der Welt der Erwachsenen zurecht finden zu können
Egal, wie heftig ein Kind tobt, schreit und schimpft: Eltern sollten die Reaktion nicht persönlich nehmen. Die Wut des Kindes richtet sich nicht gegen bestimmte Personen, sondern ist mit der jeweiligen Situation verknüpft.
Wenn der Zorn verraucht ist, fühlen sich viele Kinder traurig und hilflos und brauchen Zuneigung und aufmunternde Worte. Dann ist es wichtig dem Kind zu vermitteln, dass es nach wie vor geliebt wird, auch wenn es sich nicht richtig verhalten hat.
Wenn ein Kind trotzt, kommt es häufig auch zu aggressiven Verhaltensweisen anderen Kindern oder den Eltern gegenüber. Wichtig ist, dem Kind deutlich zu erklären, dass es nicht schlagen, beißen oder treten darf, wenn es sich ärgert.
Die Ansprache sollte dennoch immer in einem ruhigen Ton geschehen: Das tobende Kind anzuschreien oder mit Gewalt in sein Zimmer zu schleifen ist keine gute Lösung und kann die Situation noch verschärfen.
Eltern sollten ihrem Kind immer signalisieren, dass sie seine Wut akzeptieren und ihm Wege aufzeigen, sich sozial verträglich abzureagieren. Eine „Wutecke“ im Kinderzimmer mit weichen Kissen, in die es hemmungslos schlagen und Boxen kann, kann diesbezüglich eine gute Methode sein, die negativen Gefühle und den Stress loszuwerden.
Wenn das Kind es tatsächlich schafft, seinen Zorn nicht an Menschen sondern an den Kissen auszulassen, sollte es unbedingt dafür gelobt werden.
Trotz bei Kindern setzt auch Eltern enorm unter Druck.
Machtkämpfe mit dem eigenen Kind, besonders in der Öffentlichkeit, lassen das Stresslevel stark ansteigen und sind auch für erwachsene Menschen mit hoher Frustrationstoleranz eine Herausforderung.
Um eine Eskalation zu vermeiden und selbst wieder zur Ruhe zu kommen kann es helfen, kurz aus dem Raum zu gehen.
Im Supermarkt können Eltern ihrem Kind ruhig erklären, dass sie nun bezahlen und sich auf den Heimweg machen. Die meisten Kinder halten die Situation nicht lange aus und folgen Mama oder Papa.
Klare Aussagen und Kompromisse zur richtigen Zeit helfen Eltern und Kind, in der Trotzphase entspannter mit alltäglichen Konfliktsituationen umzugehen.
Es kann zum Beispiel helfen, dem Kind vor dem Einkauf klar zu vermitteln, dass es sich eine Süßigkeit aussuchen darf – aber nicht mehr. Kinder, die in Sachen Kleidung ihre eigenen Vorstellungen haben, dürfen am Abend zuvor selbst auswählen was sie tragen, so lange das Wunsch-Outfit Wetterlage und Jahreszeit entspricht.
Eltern mit Kindern zwischen zwei und vier Jahren sollten für alltägliche Vorhaben ausreichend Zeit einplanen. Besser also morgens eine halbe Stunde früher aufstehen, damit das Kind sich alleine anziehen und beweisen kann, wie selbstständig es schon ist.
Das hilft allen, besser in den Tag zu starten und ist vor allem für berufstätige Eltern wichtig, die ihr Kind vor Arbeit in eine Krippe oder zu einer Tagesmutter bringen.
Folgen einer geringen Frustrationstoleranz
Eine geringe Frustrationstoleranz führt zu zahlreichen und zum Teil erheblichen Nachteilen im Alltag:
- Wir reagieren schnell ärgerlich, unangemessen heftig und bekommen möglicherweise Konflikte mit unserer Umwelt. Wir können uns sogar zu körperlicher Gewalt hinreißen lassen.
- Wir regen uns über kleinste Ungerechtigkeiten und Hindernisse auf – auch wenn sie vorübergehend und ungefährlich sind – jammern und beschweren uns.
- Wir essen aus Frust, um uns zu trösten und uns etwas Gutes zu tun und werden so übergewichtig.
- Wir greifen zu Suchtmitteln, weil wir so den Frust besser ertragen können.
- Wir meiden Tätigkeiten oder schieben Aufgaben auf, die unbequem sind oder mit Misserfolg verbunden sein könnten.
- Wir fühlen uns hilflos und werden depressiv, weil wir nicht bekommen, was wir haben möchten.
- Wir reagieren mit Angst, wenn Dinge nicht so laufen, wie wir möchten, aber glauben, dass sie gemäß unserer Vorstellungen laufen müssten.
- Wir bemitleiden uns, wenn wir auf Hindernisse stoßen, wir eine Niederlage oder einen Misserfolg erleiden.
- Wir fordern umgehende Belohnung für unseren Einsatz.
- Wir resignieren, wenn wir bei der Suche nach einem Partner oder einer Arbeitsstelle nicht auf Anhieb Erfolg haben.
- Wir verbauen uns ein erfolgreiches und erfülltes Leben. Geringe Frustrationstoleranz ist eine Karrierefalle, da der Weg nach oben voller Steine und Hürden ist, die ohne Frustrationstoleranz nicht überwunden und gemeistert werden können.