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Meditations-Expertin Maria Boettner sagt: „Achtsamkeit ist ein innerer Zustand, sie zu praktizieren, ein innerer Prozess“

Meditation und Achtsamkeit

Das Motto von Janina Guldener – „Wer achtsam lebt, trifft oft auch gesündere Entscheidungen im Leben“ – hat sich Maria Boettner bereits im Alter von elf Jahren zu Herzen genommen. Seither hat sie sich zu einem wahren Meditations-Profi entwickelt und bietet auf ihrem Meditations-Blog „Du hast Pause“ zahlreiche Anregungen für interessierte Seitenbesucher. Dort kann jeder lernen, wie er es schafft, im Alltag achtsamer zu werden. Boettners Ziel: Sie will die Menschen dazu anregen, positiver zu denken und damit auch mehr Eigenverantwortung für sich selbst und ihr Leben zu übernehmen. Achtsamkeit verhilft dem Menschen nämlich nicht nur zu mehr Selbstverantwortung, sondern führt auch zu einem positiveren Umgang mit Druck und Erwartungen.

Zwar ist Achtsamkeit das Thema vieler Ratgeber. Jedoch weiß kaum jemand, was der Begriff genau bedeutet, und warum sich die Menschen Zeit im Alltag dafür nehmen sollen. Das erklärt Maria Boettner in folgendem Interview.

Maria Boettner zu Meditation und Achtsamkeit

Legen die Menschen ausreichend Pausen ein?

Obwohl wir heute mehr Zeit hätten, um Pausen einzulegen als die Menschen in früheren Generationen, fühlen wir uns müder und gestresster. Nach meinem Empfinden und meiner Beobachtung ist der Grund dafür, dass wir eine Pause nicht optimal nutzen. Wir richten unsere Aufmerksamkeit in den seltensten Fällen nur auf eine Sache. Ein gutes Beispiel ist der morgendliche Kaffee: Viele Menschen trinken diesen unterwegs, checken während des Kaffeetrinkens auf dem Smartphone ihre Nachrichten oder Mails. Wer den Wecker nur fünf Minuten früher stellt als normalerweise, hat dadurch die Zeit gewonnen, seinen Kaffee zu Hause in aller Ruhe zu trinken. Während des Kaffeetrinkens kann man etwa durch das Fenster die Umgebung beobachten oder sich auf seine Gedanken oder den Atem konzentrieren.

Du schreibst auf deiner Homepage, dass du bereits im Alter von elf Jahren mit Meditationen begonnen hast. Wie ist es dazu gekommen – die meisten Kinder interessieren sich in diesem Alter ja für andere Dinge?

Mit elf konnte ich sehr schlecht einschlafen, weshalb mich meine Mutter zu einem Kinderpsychologen schickte. Der hat mich allerdings nach ein paar Sitzungen mit folgenden Worten abgeschoben: „Nichts zu machen, das Kind sperrt sich.“ Rückwirkend betrachtet finde ich das aus dem Mund eines Kinderpsychologen ziemlich krass. Meine Mutter war daraufhin ratlos und brach vor mir in Tränen aus. Wir suchten gemeinsam eine Lösung für das Problem und ich stieß in einer Buchhandlung auf ein Yogabuch.

Beim Blättern fand ich eine Stelle, in der die Totenstellung – auch Shavasana genannt – eine tiefenentspannende Wirkung hat und als äußerst erholsam gilt. Mir gefiel das auf Anhieb. Wir suchten also einen Yogalehrer, der mir Folgendes erklärte: Wenn ich nicht schlafen kann, soll ich mich einfach in den Lotussitz setzen. In dieser Stellung soll ich mir vorstellen, fest wie ein Berg zu sein. Anschließend soll ich mir vorstellen, dass vom Steißbein ausgehend ein hell leuchtender Stern langsam über die Wirbelsäule nach oben steigt, bis er schließlich die Sorgen und die Gedanken ums Nicht-Einschlafen-Können auslöscht. Ich müsse dann lediglich in diesem Raum, der völlig leer von Gedanken ist, verweilen. Dadurch sei es nicht mehr wichtig, ob ich schlafe. Diese Erklärung war für mich sehr entscheidend und hat alles weitere angeregt.

Im vergangenen Jahr hast du eine Meditations-App entwickelt. Sind Technik und Meditation kein Widerspruch?

Ich denke, das ist abhängig von der individuellen Sichtweise. Ein Widerspruch ist es für jemanden, der mit Meditation den Aufenthalt in der Natur oder absolute Abgeschiedenheit verbindet. Ich denke aber, dass es sinnvoll ist, Meditation in den Alltag zu integrieren. Und für viele Menschen ist das Smartphone eben ein unverzichtbares Gerät im Alltag. Also warum sollte man nicht die Gelegenheit nutzen, etwa am Bahnhof in der Wartehalle die „Du hast Pause-App“ zu nutzen und so bewusst zu atmen, dass man dies bis in die Füße hinein spürt. Das kann nämlich genau die kurze Erholungsphase darstellen, die jeder braucht.

Du arbeitest nicht nur als Meditationscoach, sondern bist zudem Schauspielerin. Wie nützt dir dabei die Meditation?

Am Set achtsam zu sein, ist ungemein hilfreich, auch wenn es darum geht, möglichst offen und ruhig in wichtige Castings zu gehen. Da ich eine Ausbildung als Sprecherin absolviert hatte, konnte ich auch sämtliche Meditationen, die auf „Du hast Pause“ zu finden sind, selbst einsprechen. Bei Workshops und Vorträgen hilft mir dieses Wissen auch dafür, mich sicher auf der Bühne zu bewegen. Ich kann mich also voll auf die Sache konzentrieren und bin nicht durch Nervosität und andere Unsicherheiten abgelenkt.

Du und deine Familie leben in Zürich. Sind die Menschen dort achtsamer oder ist das Leben langsamer?

Genau das Gegenteil ist der Fall. In der Schweiz gilt Zürich sogar als Stadt mit dem höchsten Stresslevel. Möglicherweise ist das Leben im Berner Oberland beschaulicher. Das kann ich aber nicht einschätzen, weil ich noch nie dort war.

„Wer achtsam lebt, trifft oft auch gesündere Entscheidungen im Leben“

Was bedeutet dir der Begriff Achtsamkeit? Wobei handelt es sich um echte Achtsamkeit und wird der Begriff teilweise nicht nur als Trend ausgeschlachtet?

Bei Achtsamkeit handelt es sich um einen Weg, der einen mit dem Leben verbindet. Das geschieht, indem man Situationen oder Menschen urteilsfrei und bewusst gegenübertritt und beiden in der Gegenwart die volle Aufmerksamkeit zukommen lässt. Bei Achtsamkeit handelt es sich um einen inneren Zustand, der lebenslang praktiziert werden muss. Menschen, die achtsam leben, treffen häufig auch die besseren und gesünderen Entscheidungen. Das wiederum wirkt sich natürlich nicht nur positiv auf einen selbst, sondern auch auf die Umwelt aus.

Jemand, der Achtsamkeit nur als Mittel für einen bestimmten Zweck nutzt, hat das Prinzip aber missverstanden. Denkt jemand beispielsweise „Ich atme heute besonders achtsam, um das zu erreichen…“, handelt es sich hier keineswegs um echte Achtsamkeit. Sehr oft werde ich gefragt, ob ich eine Technik kenne, die einen vor sogenannten „Energieräubern“ schützt. Diesen Gedanken halte ich aber für gefährlich. Denn wer glaubt, dass ihm Energie von jemandem oder etwas geraubt werden kann, gibt seine Eigenverantwortung ab. Achtsamkeit aber bedeutet: Wir sind bei uns selbst, ohne dass wir uns von anderen abgrenzen müssen.

Lässt es sich bei einer 60-Stunden-Arbeitswoche überhaupt achtsam leben?

Jeder kann dafür zehn Minuten pro Tag aufbringen. Achtsamkeit kann außerdem jeder bestens in seinen Alltag integrieren. Wenn du diese Zeilen liest, kannst du beispielsweise auf deinen Atem achten, auf die Pause zwischen dem Ein- und dem Ausatmen. Erlebe dabei bewusst das leichte Ausdehnen der Bauchdecke beim Einatmen und die Entspannung beim Ausatmen. Die Atmung funktioniert ganz einfach, ohne dass du etwas tun musst – es passiert von selbst.

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