Minimalismus als Weg in ein befreites Leben
Minimalismus ist eine Lebenseinstellung, die Dir dabei hilft, Dich auf die wesentlichen Sachen in Deinem Leben zu konzentrieren, um Dich dadurch befreiter zu fühlen.
So könnte ich Dir den Begriff definieren, wenn Du mich fragen würdest.
Über welche Bereiche erstreckt sich Minimalismus?
Die meisten Menschen denken bei Minimalismus nur an die Reduzierung des Materiellen. Das ist jedoch nicht alles. Die Beschränkung kann sich darüber hinaus auch auf Deinen Alltag an sich auswirken. Es ist sogar möglich, dass sich bald ein komplett neues Lebensgefühl einstellt, aber der Reihe nach.
Stell Dir mal die folgende Situation vor: Die Regale sind vollgestopft und Dein Kleiderschrank bricht fast zusammen. Richtig ordentlich sieht es nicht aus, eher zugestellt, obwohl Du Dich immer bemühst, ein System reinzubekommen. Du wolltest zwar schon immer Dein Hab und Gut minimieren, aber denkst dann plötzlich: „Geht nicht, ich könnte die Dinge vielleicht noch irgendwann einmal gebrauchen.“ Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, vermissen wir 30% der Gegenstände, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben, nicht wirklich. „Na schön, der Frühjahrsputz steht eh an! Los geht’s!“ Mit großer Motivation wird nun eine Woche lang ausgeräumt, sortiert und geputzt, einiges weggeworfen und der Rest wieder eingeräumt. „Puh, war das viel!“ Wir lehnen uns zurück und sind megamäßig stolz auf uns. Sieht extrem cool aus, so ordentlich, doch irgendwie auch ziemlich ungewohnt, fühlt sich schon fast leer an. Wir sagen uns nach drei Tagen: „Wieder Platz für neue Klamotten! Hehe! Morgen also ein Grund mehr, erneut die Läden unsicher zu machen.“ Exakt drei Monate später sieht es genauso aus wie zuvor und wir stehen erneut vor dem gleichen Problem. Dann misten wir wieder aus und wieder und wieder und fühlen uns trotz unseres Engagements nicht dauerhaft frei, sondern sogar irgendwie schlecht.
Wie sieht die Lösung aus?
Da ich die Situation aus Gesprächen in meiner ehemaligen Praxis gut kenne, habe ich ein 5 Stufen-Modell entwickelt, um Dich an das Thema heranzuführen:
- Zuerst solltest Du erkennen, dass Du viele alte Gewohnheiten mit Dir herumträgst. Meist gar nicht bewusst. Mache Dir zunächst einmal Gedanken darüber, warum bei Dir alles so voll ist. Dann wirst Du erkennen, dass es gar nicht nur ums Aufräumen und Putzen geht, sondern dass Du eigentlich schon viel früher, nämlich beim Einkaufen, anfangen musst. Halte Dir vor Augen, dass es Dir mehr bringt, wenn Du weniger Gegenstände hast. Dies sogar ein Zeichen der Wertschätzung für Dich ist, weil Du Dich besser zurechtfindest. Minimalismus ist etwas, das Du für Dich persönlich machst und für niemand anderen.
- Deshalb ist es nun im zweiten Schritt wichtig, dass Du aktiv die Entscheidung triffst, diesen Zustand zu ändern.
- Dann legst Du im dritten Schritt fest, ab wann Dich zuviel Besitz belastet und mit wievielen Dingen Du Dich noch wohlfühlst, quasi den Überblick behältst. Setze Dich nicht unter Druck, insgesamt nur 150 Dinge besitzen zu wollen. Das ist nämlich von Mensch zu Mensch verschieden. Im Laufe der Zeit wirst Du das definitiv herausfinden.
- Und nun fängt im vierten Schritt das sinnvolle Ausmisten an. Drehe Deine Lieblingsmusik auf und starte am besten erst einmal mit einer Abteilung im Kleiderschrank (Socken, Strumpfhosen, Unterwäsche) oder mit einem Bücherregal und feiere anschließend das, was Du geschafft hast.
- Beim nächsten Einkauf – und das ist der fünfte und letzte Schritt – stellst Du Dir bereits im Geschäft die Frage: Brauche ich das wirklich? Oder möchte ich aktuell nur ein schlechtes Gefühl mit dem Kauf kaschieren? Das ist wichtig, damit sich gar nicht mehr so viel ansammelt.
Nach und nach entwickelst Du dadurch neue Gewohnheiten. Bald merkst Du, dass Dein Leben einfacher geworden ist. Es hat sich vielleicht einiges reduziert, aber das, was noch geblieben ist, ist in seiner Wertigkeit gewachsen.
Die 5 Schritte im Detail am Beispiel von anderen Bereichen
Wenn Du mit dem Materiellen zufrieden bist, nimmst Du Dir einfach andere Bereiche wie Terminplanung oder Dein soziales Umfeld vor. Das Vorgehen bleibt auch hier gleich:
- Ermittlung des Status quo:
Was sind meine Gewohnheiten? Nehme ich mir mehr vor, als ich im Stande zu leisten bin? Welche Menschen sind in meinem Umfeld?
- Bewusste Entscheidung
Wie groß ist der Wunsch nach der Neugestaltung? Möchte ich überhaupt etwas ändern? Was würde mir eine Umstellung bringen?
- Der Rahmen
Was genau möchte ich verändern? Mein Zeitmanagement? Mein Umfeld? Welche Kontakte tun mir nicht gut? Erstelle eine Liste hierfür.
- Die Umsetzung
a: Zeitmanagement à Probiere einfach neue Tools aus! Die, die Dir etwas bringen, führst du dauerhaft in Deinen Alltag ein und den Rest hackst Du unter dem Begriff „Erfahrung“ ab.
b: Soziale Kontakte à Hier geht es nicht darum, dass Du die Menschen vor den Kopf stößt und anklagst, sondern Dich nach und nach zurückziehst oder im Gespräch nebenbei erwähnst, dass sich gerade Deine Prioritäten verschieben. Bitte um Verständnis und vermeide Sätze wie: „Du tust mir nicht gut!“ Das verursacht nur Streit und der andere fühlt sich (zurecht) angegriffen.
- Realistische Planung für die Zukunft
Überlege nun bereits VORHER, welche Termine Du annimmst und welche Menschen Du in Dein Leben lässt. Lerne, NEIN zu sagen!
Wie sieht der typische Minimalist aus?
Der Minimalist lässt sich keineswegs vom Geiz leiten, wenngleich er sicherlich eher zu den sparsameren Zeitgenossen gehört. Er gibt hauptsächlich Geld für Dinge aus, die in seiner Prioritätenliste ganz oben stehen und die für ihn von Bedeutung sind. Auf dem Weg dahin lässt er sich überwiegend von seinen Werten leiten, die er für sich persönlich definiert hat. Dass der Unterschied zum Shopaholic noch einmal ganz klar wird: Dieser geht in der Regel kaum an einem Gegenstand vorüber, der ihm auf den ersten Blick gefällt.
Übertrieben ausgedrückt, kauft er manchmal den halben Laden leer. Der innere Antrieb, der unterbewusst abläuft, ist oft die Kompensation negativer Emotionen, um sich mit einem neuen Teil wieder besser zu fühlen. Dieser Effekt hält aber nur kurzfristig an.
Der Minimalist hingegen lässt sich nicht so schnell zum Kauf bewegen. Er wägt genauer ab, ob er den Artikel wirklich sinnvoll nutzt und dieser für ihn eine tiefere Bedeutung haben könnte. Hiermit verbindet er einen Sinn und folglich ein langanhaltendes Wohlgefühl über den Gegenstand hinaus.
Im Kleiderschrank von Minimalisten wird man selten Luxus Mode finden, ihr Kleidungsstil beschreibt eher das Understatement – zurückhaltend und unauffällig.
Die Vorteile von Minimalismus – kurz zusammengefasst
- Durch bewusstes Einkaufen sparst Du Geld!
- Du hast mehr Ordnung in Haus und Heim und findest die Gegenstände an sich schneller!
- Weniger Verpflichtungen und weniger Termine geben Dir mehr Raum für persönliche Bedürfnisse!
- „Back to the roots“ reduziert Dein Leben auf das Wesentliche, so dass Du Dich nicht mehr verzettelst!
- Minimalismus erlaubt Dir, wieder bewusst durchzuatmen und gibt neue Kraft!
- Du bist ehrlicher zu Dir selbst und authentischer anderen gegenüber, lässt Dich nicht von Werbung oder Trends leiten, sondern nur von Deinen inneren Werten!
Was es für mich persönlich bedeutet
Irgendwann einmal bin ich an den Punkt gekommen, mir die Frage zu stellen, was mich innerlich glücklich macht. Gaukeln wir uns doch im Alltag regelmäßig vor, dass wir dieses und jenes brauchen, mit dem und dem befreundet sein müssen und fühlen uns verpflichtet, das und das zu erledigen.
Ich habe mich eine Zeit lang beobachtet, in welchen Situationen ich wirklich fröhlich war und habe in mein Herz reingehört. Mir das aber einzugestehen und ehrlich zu mir selbst zu sein, war ein ganz entscheidender Schritt. Und dann? Mir wurde klar, dass ich mein Leben nicht verändern muss, sondern mein Leben verändern WILL.
Doch wie sollte ich überhaupt beginnen? Durch die Beobachtung meiner Gedanken und Emotionen wusste ich ja bereits, dass es Menschen und Dinge in meinem Leben gibt, die mir einfach nicht guttun. Wollte ich diesen Schritt aber so radikal gehen? Nein, das konnte ich nicht. Ich habe mein Leben nur langsam (Schritt für Schritt!) verändert, damit sich mein Inneres auch an die neuen Umstände gewöhnen konnte. Auch wenn ich mir währenddessen oft die Frage gestellt habe, wie ich das alles schaffen werde, hat mir das Leben immer die wichtigen Lektionen zum richtigen Zeitpunkt geschickt.
Je länger ich diesen Weg nun gehe, umso bewusster treffe ich Entscheidungen! Wo/mit wem/unter welchen Umständen fühle ich mich wirklich wohl und kann frei durchatmen? Darüber hinaus erfüllt mich eine große Dankbarkeit für jeden einzelnen Kontakt, der mich nun auf meinem Weg begleitet. So sehr, dass ich wieder einiges an meine Mitmenschen zurückgeben will! Nicht weil ich ein Gutmensch sein möchte, sondern weil ich innerlich so erfüllt bin, dass es mir Freude macht, dieses schöne Gefühl weiterzugeben.
Minimalismus ist für mich also ganz klar ein Weg in ein befreites und zufriedenes Leben!
Pia-Maria Eigner ist Germanistin, Autorin, Heilpraktikerin und Dozentin. Auf ihrem neuen Blog „Schön durch Natur“ schreibt sie mit Leidenschaft über Ernährung, Naturkosmetik, Mindset und Lifestyle.
Blog: www.schoendurchnatur.de
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